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Die Märkte für Getreide und Ölsaaten in der EU – Ausblick auf 2019/20

Auf den internationalen Getreide- und Ölsaatenmärkten rückt das am 1. Juli beginnende Wirtschaftsjahr 2019/20 immer stärker in den Fokus der Marktteilnehmer. Für Unruhe sorgt unverändert der Handelskonflikt zwischen den USA und China. Die Aussichten für die weltweite Getreide- und Ölsaatenerzeugung sind dagegen weiter gut bis sehr gut, da der bisherige Witterungs- und Vegetationsverlauf in den wichtigsten Anbauregionen der Welt gute Erträge erwarten lässt. Angesichts des fehlenden Niederschlags in weiten Teilen Deutschlands mag sich der eine oder andere fragen, ob dies auch für Deutschland und die EU gilt. Im Folgenden sollen deshalb die Aussichten für die Getreide- und Ölsaatenmärkte in der EU zusammengefasst werden:

Die gesamte Getreideproduktion 2019 wird von der EU Kommission zurzeit auf rund 308 Mio. t geschätzt, ein Plus von ca. 17 Mio. t bzw. knapp 6 % im Vergleich zu 2018. Während die Anbaufläche um 1,3 % ausgeweitet wurde, sollen die Erträge mit durchschnittlich 5,5 t/ha um 4 % höher liegen als im Jahr 2018.

Der Anbau von Weizen wurde um 2,3 % auf 26,1 Mio. ha ausgedehnt. Bei Rückkehr zu durchschnittlichen Erträgen wird ein Anstieg der Erzeugung auf ca. 148 Mio. t erwartet, ein Plus von 8 % im Vergleich zu den stark unterdurchschnittlichen 137,4 Mio. t im letzten Jahr.

Der Anbau von Gerste bleibt mit 12,3 Mio. ha unverändert zu 2018, während die Produktion aufgrund der besseren Ertragsaussichten von 56,1 auf gut 60 Mio. t steigen soll.

Da per heute nicht von den sehr hohen Erträgen des letzten Jahres (vor allem in Rumänien) ausgegangen werden kann, dürfte die Erzeugung von Mais in diesem Jahr mit rund 68 Mio. t um etwa 1 Mio. t unter der von 2018 bleiben.

Die Rückkehr zu normalen Erträgen verbunden mit einer leicht höheren Fläche dürfte für Roggen zu einem Wiederanstieg der Erzeugung auf knapp 8 Mio. t führen im Vergleich zu nur 6,2 Mio. t im Jahr 2018.

Die Anbaufläche für Rapssaat ist erneut stark gesunken. Insgesamt dürften nur noch etwa 6,2 Mio. ha bestellt worden sein, während es zur Ernte 2018 noch fast 7 Mio. ha waren. Neben Deutschland wurde vor allem auch in Frankreich deutlich weniger Raps gedrillt. Die EU-Ernte dürfte deshalb trotz der erwarteten Rückkehr zu durchschnittlichen Erträgen mit etwa 19,8 Mio. t unverändert zum Vorjahr bleiben.

Keine großen Veränderungen sowohl im Anbauumfang als auch der Produktion werden für die anderen Eiweißpflanzen erwartet. Beispielsweise soll die Erzeugung von Soja mit rund 2,9 Mio. t unverändert zu 2018 bleiben, während für Ackerbohnen ein leichter Anstieg auf ca. 1,8 Mio. t erwartet wird.

Diese Vorschätzungen für die diesjährigen EU-Ernten basieren darauf, dass wir bis zur Ernte normale Witterungsverhältnisse mit ausreichendem Regen und nicht zu vielen heißen Tagen haben werden. Allerdings lässt das anhaltende Niederschlagsdefizit kombiniert mit für die Jahreszeit überdurchschnittlichen Temperaturen vor allem in Deutschland, aber auch in Rumänien und in weiten Teilen Ungarns, eher niedrigere Erträge erwarten. Zu trocken ist es zudem in Spanien, auch wenn dort über Ostern guter Niederschlag verzeichnet wurde. Wesentlich besser sieht es dagegen in Frankreich sowie Dänemark und Schweden aus. Zum Teil kräftiger Niederschlag hat dafür gesorgt, dass das Niederschlagsdefizit aus dem letzten Jahr weitgehend ausgeglichen werden konnte. Dennoch muss es auch in diesen Ländern in den nächsten Wochen regelmäßig regnen. Damit bleibt das Risiko hoch, dass die EU 2019 und insbesondere Deutschland erneut eine unterdurchschnittliche Getreide- und Ölsaatenernte einfahren werden. Regelmäßige Niederschläge und eine begrenzte Anzahl von heißen Tagen sind notwendig, um die bisher geschätzten Produktionsmengen auch tatsächlich zu realisieren.

Dieser Ausblick könnte zu der Schlussfolgerung führen, dass die Preise für Getreide und Ölsaaten bis zur Ernte und möglicherweise darüber hinaus steigen sollten. Hier ist Vorsicht geboten. Die guten Ernteaussichten insbesondere in der Schwarzmeer-Region und beim Weizen stehen solch einer Entwicklung zumindest zurzeit entgegen. Eine klarere Tendenz wird sich erst in den nächsten vier Wochen ergeben. Vor allem warten die Marktteilnehmer auf den ersten Ausblick des US Landwirtschaftsministeriums auf das neue Wirtschaftsjahr 2019/20, der Mitte Mai veröffentlicht wird. Bis dahin heißt es abwarten und beobachten, was das Wetter macht.

Autor: Dr. Klaus-Dieter Schumacher – AgriConsult, Seevetal