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Zahlreiche Schadenmeldungen infolge jüngster Frostnächte


Nach den verheerenden Frostschäden im vergangenen Jahr müssen die Obst- und Weinbaubetriebe 2021 erneut um ihre Ernte fürchten. Die in der Blüte besonders frostempfindlichen Bestände wurden durch die jüngsten Frostnächte zum Teil stark geschädigt. Vorläufigen Schätzungen der VEREINIGTEN HAGEL zufolge liegt der zu erwartende Gesamtschaden bei rund 11 Mio. EUR. Insgesamt mehr als 2.000 ha Obst- und Weinbauflächen mit einer geschädigten Versicherungssumme von ca. 24 Mio. EUR sind betroffen.

Die außergewöhnlich warmen Temperaturen bis zu 25 °C Ende März ließen nach den Wetterkapriolen des Jahres 2020 auf einen milderen Witterungsverlauf des Frühlings 2021 hoffen. Nun wurden in den letzten Tagen die Obst- und Weinbaubetriebe in den südlichen Landesteilen jedoch buchstäblich eiskalt überrascht. Ein sogenannter „Arctic Outbreak“ bescherte Deutschland einen Rückfall auf spätwinterliche Wetterverhältnisse. Grund dafür ist ein Hochdruckgebiet auf dem Atlantik, welches im Verbund mit einem Tief über Skandinavien Luftmassen polaren Ursprungs aus Norden zu uns führt. Dazu zogen bei teils stürmischen Wetterverhältnissen immer wieder kräftige Schnee-, Regen-, Graupelschauer mit zum Teil kurzen Gewittern über Deutschland.

Einhergehend mit dieser Wetterlage rutschen die Temperaturen besonders nachts bei Aufklaren in den letzten drei Tagen teils deutlich in den Minusbereich. Am kältesten wurde es in der Nacht auf Dienstag. Die Messungen des VH-eigenen Wetterstationsmessnetzes meteosol® zeigten deutschlandweit Tiefsttemperaturen verbreitet zwischen 0 bis -4 °C, besonders in den südlichen Mittelgebirgstälern fiel das Thermometer teilweise auf unter -7 C°.

Die Folgen dieser Minustemperaturen sind bereits jetzt deutlich sichtbar: So musste Obstproduzent Martin Bähr aus Oberkirch im Ortenaukreis schwere Frostschädigungen an seinen Zwetschgen feststellen: „In unserer Hanka-Anlage in der Vollblüte haben wir nach den letzten Frostnächten einen Schaden von 90-100%. Letztes Jahr hatten wir auch schon einen Totalausfall. Im zweiten Jahr in Folge sind wir betroffen!“

Auch die Region im äußersten Südwesten Baden-Württembergs wurde nicht von den jüngsten Frostereignissen verschont, wie uns Hansjörg Stücklin, Weinbauberater in Südbaden, berichtet: „Die Schäden sind im nördlichen Markgräflerland enorm. Aufgrund von Tiefsttemperaturen bis minus 4,4 °C wurden die sich im Wollestadium in frühen Lagen und frühen Sorten bereits im beginnenden Aufbruch der Knospen befindlichen Reben enorm geschädigt. Ausfälle zwischen 40% und 80% können nicht ausgeschlossen werden.“

Die in der Blüte befindlichen Obstanlagen von VH-Mitglied Markus Schörlin aus Efringen-Kirchen im Landkreis Lörrach lassen ebenso schwere Frostschädigungen erkennen. „Bedingt durch die Frostschäden vom 06. April sind rund 85% der Blütenorgane der Apfelsorte Topaz beschädigt. Dies zeigt sich deutlich an der Schwarzfärbung der Kerngehäuse“. Eine finale Ertragsaussicht könne erst nach der Blüte gestellt werden, da das weitere Blühwetter entscheidet, ob sich die gesunden Blüten noch zu Früchten entwickeln, so Schörlin. Sehr geringe bis stark verminderte Erträge erwartet der Obstproduzent für die frostgeschädigten Süßkirschen- und Zwetschgenbestände, die in der Frostnacht vom 06. April einen Blüteschaden von bis zu 90% erlitten.

Ob sich das Wetter der nächsten Wochen positiv auf die weitere Entwicklung der gesunden Blüten auswirkt, bleibt zu hoffen. Den Prognosen des Wetterdienstes meteosol® zufolge wird es in den kommenden Tagen zunächst wieder milder, weitere Kälteeinbrüche sind aber im Verlauf des Aprils nicht ausgeschlossen. Ein Trost bleibt: Betriebe, die nach dem erfolgreichen Start des Pilotprojektes zur Förderung der Frostversicherung in Baden-Württemberg 2020, diese im aktuellen Jahr erneut in Anspruch nehmen, können sich auf eine unbürokratische Schadenregulierung und eine zeitnahe Auszahlung der Entschädigungsleistungen verlassen.

Autor: Anna-Katharina Graf-Borchardt